Dorfkirche und Schnitzaltar
Dorferkundungspfad Kleinern: (Tafel 9)
In Kleinern stand bis zum Jahr 1681 eine im 13. Jahrhundert erbaute kleine, dem Ort angemessene, Dorfkirche. Heute besitzt Kleinern eine im Verhältnis zu vergleichbaren Dörfern in der Umgebung recht große Kirche. Der markante Turm überragt den Ort deutlich und ist, unabhängig von welcher Himmelsrichtung aus man Kleinern erreicht, schon von weitem ein Blickfang.Diese Kirche entstand unter der Federführung des Grafen Christian Ludwig von Waldeck, der 1660 seinen Wohnsitz mit Hofstaat, Kanzlei und Regierung nach Kleinern verlegte. Die vorhandene, bereits baufällige, Kirche war jetzt für den Hof zu klein. Sie wurde abgerissen und an ihrer Stelle im Zeitraum von 1681 bis 1694 (13 Jahre) die heutige barocke Anlage erbaut. Im ersten Bauabschnitt von 1681 bis 1686 (5 Jahre) entstand das Kirchenschiff und im zweiten Bauabschnitt von 1689 bis 1694 (5Jahre) der Turm. Die Gesamtbauzeit der Kirche Kleinern ohne die Baupause von 1686 bis 1689 betrug also 10 Jahre. Die 1668 noch in der alten Kirche installierte prachtvolle Holzkanzel und der Schnitzaltar von 1521 wurden in die neue Kirche übernommen und befinden sich auch heute noch dort; dank sorgfältiger Pflege und Restaurierung in einem ausgezeichneten Zustand.Die derzeitige Orgel hatte zwei Vorgängerinnen (ca. 1680 bis 1817 / 1818 bis 1868) und stammt aus dem Jahr 1869. Sie wurde zwischenzeitlich mehrfach überholt, zuletzt in den Jahren 1976 bis 1978 mit einem Kostenaufwand von ca. 20.000 €. Die ursprünglichen drei gegossenen Glocken mussten im ersten Weltkrieg zu Kriegszwecken abgeliefert werden, so dass die Kirche heute drei Stahlglocken aus dem Jahr 1922 besitzt. Die bis dahin manuell zu bedienende Läuteanlage wurde 1962 auf elektrischen Betrieb umgestellt.
Lindenholzaltar von 1521
Der kunstvolle Lindenholzaltar mit Temperamalerei auf Kreidegrund entstand 1521 in der heute nicht mehr existierenden Franziskaner-werkstatt Meiterdorf (heute der Frankenberger Ortsteil Ederdorf). Er wurde 1523 von den in Kleinern ansässigen Edelleuten "derer von Geismar" für die im 13. Jahrhundert entstandene Dorfkirche erworben. Die Familie von Geismar hatte von 1513 bis 1660 ihren Rittersitz im Süden des Ortes. Seit 1686 steht der Altar in der von Graf Christian Ludwig an Stelle der alten baufälligen Dorfkirche neu erbauten Kirche.
Der Altar besteht aus einem geschnitzten Mittelschrein und zwei doppelseitig bemalten Tafeln. Der Mittelschrein beinhaltet eine figurenreiche Darstellung der Kreuzigung Christi, der linke Flügel die Geburt Christi und der rechte Flügel zeigt den Heiligen Laurentius, eingerahmt von der Heiligen Katharina (links, mit Schwert) und der Heiligen Lucia (rechts).1955 wurde der Altar in der Werkstatt des Landeskonservators restauriert. Um ihn vor der schädlichen Sonneneinstrahlung zu schützen, erhielt die Kirche im Jahre 1964 neue Fenster mit Spezialglas.
Pfarrhaus von 1747
Das zur Kirche gehörende Pfarrhaus in der Heimbachstraße entstand 1747 und wird von dem jeweils für das Kirchspiel Kleinern zuständigen Pfarrer bzw. Pfarrerin wohnt.
Zum Kirchspiel Kleinern gehören der Bad Wildunger Ortsteil Frebershausen und die beiden Edertaler Ortsteile Gellershausen und Kleinern
Beschreibung des Schnitzaltars von Siegrun Graaf, Dormagen
Wer sich Kleinern nähert, dem fällt auf, dass dieses Dorf von einer, im Vergleich mit den Nachbarorten, ungewöhnlich großen Kirche überragt wird. Dieses markante Bauwerk mit seinem eigenwilligen Turm erinnert mich an eine Glucke, um die sich die Häuser gleichsam wie Küken scharen. Dieser Eindruck ist besonders stark, wenn man von Westen her nach Kleinern kommt.
Die Kirche macht neugierig auf das, was sie im Inneren an Schönheiten birgt, und da wird der Besucher nicht enttäuscht werden.
Seit vielen Jahren fasziniert mich immer wieder aufs Neue der schöne dreiflügelige Altar aus dem Jahr 1521; welch ein Glück, dass er die Wirren der Jahrhunderte überstanden hat!
Von den gemalten Seitentafeln gefällt mir besonders die linke: Maria, die Mutter Jesu, wird allein durch ihre Größe als wichtigste Person dieses Bildes gezeigt. Josef hält sich bescheiden im linken Teil des Gemäldes auf und kümmert sich um eine Laterne. Vorne im Bild knien und drängeln sich die Stifterfiguren. Sie möchten alle Anteil am Heilsgeschehen haben.
Die rechte Tafel zeigt die Märtyrer Katharina, Laurentius und Lucia mit ihren Folterwerkzeugen.
Am lebendigsten erscheint mir aber das Mittelfeld des Altars. Durch das Schnitzwerk wird eine große Tiefe erzeugt. Im Hintergrund ist Jerusalem zu sehen, so wie der Künstler es sich damals vorstellte.
Dorferkundungspfad-Tafeln:
Weg ist gelb gekennzeichnet